Zum Inhalt
07.11.2022

APG Stresstest Strom: Sichere Versorgungssituation, aber große Herausforderungen für Winter 2022/23

Fakten liefern beherrschbares Gesamtbild für die sichere Stromversorgung in Österreich. 

Aufgrund der äußerst angespannten energiewirtschaftlichen Situation in Europa hat die APG einen Stresstest zur Beurteilung der sicheren Stromversorgung für den kommenden Winter für Österreich unter verschärften äußeren Bedingungen erstellt. Anlass dafür war die aktuelle Dürre im vergangenen Sommer, Niedrigwasser in vielen Flüssen Europas, die sukzessive Reduktion der Gaslieferungen aus Russland, der Ausfall vieler französischer Atomkraftwerke und die seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine die insgesamt äußerst angespannte Lage auf den Energiemärkten. 

Im Herzen Europas liegend ist Österreich von all diesen europäischen Rahmenbedingungen direkt oder indirekt betroffen, da vor allem in den Wintermonaten Strom aus den Nachbarländern importiert (bis zu 16 Prozent) wird.

„Der Strom-Stresstest zeigt uns zwei Dinge: Österreich besitzt eine gute und sichere Energieversorgung – und auf uns kommt ein herausfordernder Winter zu, den wir in einem realistischen Szenario trotzdem gut bewältigen können. Aber – jeder Beitrag hilft uns jetzt. Und deshalb ist Energiesparen gerade jetzt wichtig und sinnvoll. Deshalb bitte ich alle Menschen in unserem Land: Helfen Sie mit, sparen Sie Energie, wenn es Ihnen möglich ist. Gemeinsam werden wir diese Krise bewältigen“, sagt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

Der Strom-Stresstest

„Übergeordnetes Ziel des Stresstests ist es kritische Situationen, welche zu möglichen stundenweisen Strommangellagen führen können, zu identifizieren. Nur mit einer derartigen Analyse ist es möglich ein gezieltes Monitoring der Versorgungslage während der nächsten Monate durchzuführen und im Falle drohender Versorgungslücken weiteren Eskalationen frühzeitig gegenzusteuern“, betont Gerhard Christiner, Vorstand der APG. 

Insgesamt kann die energiewirtschaftliche Gesamtsituation für den kommenden Winter aus APG Sicht als herausfordernd bezeichnet werden. Aufgrund der bereits getroffenen Präventivmaßnahmen (u.a. gefüllte Gasspeicher in Österreich, gesetzliche Netzreserve) ist Österreich gut vorbereitet

In Szenarien bestehend aus einer Vielzahl an Einzelfaktoren, wurden u.a. unterschiedliche Verfügbarkeiten von Kraftwerksleistungen (u.a. Niedrigwasser, Reduktion Kraftwerkskapazitäten in Polen, Finnland, Frankreich), Laststeigerungen aufgrund erhöhten Verbrauchs (u.a. kalter Winter) sowie die Verknappung von Kohle und Gas angenommen. 

Das Szenario mit der höchsten Eintrittswahrscheinlichkeit ist das „Kombinations-Szenario“ (u.a. reduzierte Kraftwerksleistung in Finnland und Frankreich, keine Gaseinschränkung für Gaskraftwerke, Referenzlast) bei dem es aus aktueller Sicht große aber beherrschbare Herausforderungen für die sichere Stromversorgung für Österreich gibt (zu keiner Stunde ist eine Lastunterdeckung – mehr Stromnachfrage als -angebot - zu identifizieren). 

Die beiden darüber hinaus gehenden Szenarien („Kombinations-Szenario kritisch“ und „Kombinations-Szenario sehr kritisch“) weisen bis zu 815 Stunden an identifizierter möglicher Lastunterdeckung für Österreich aus. Diese beiden Szenarien haben aus heutiger Sicht geringe bzw. sehr geringe Eintrittswahrscheinlichkeiten für den Winter 2022/2023. 

Dies alles zeigt, dass die sichere Stromversorgung im heurigen Winter eine große Herausforderung wird. Ein sehr kalter Winter verbunden mit unerwarteten neuen Rahmenbedingungen kann jederzeit und in jedem Szenario verschärfend wirken. Daher ist es ganz besonders wichtig, dass wir alle – jede:r im eigenen Verantwortungsbereich – alles tut, um Verbrauchsspitzen zu verringern, Last zu verschieben (Demand Side Response) bzw. die Verfügbarkeit von Produktions-, Speicher- und Netzkapazitäten hoch zu halten bzw. sukzessive auszubauen. Stromsparen ist somit das Gebot der Stunde. 

Explizit herauszuheben ist, dass bei gleichzeitigem Eintreten zusätzlicher kritischer Ereignisse bzw. unerwarteter neuer Rahmenbedingungen größere Herausforderungen auf Österreich zukommen können. Diese würden dann entsprechend der gesetzlichen Regelung Maßnahmen gemäß Energielenkung notwendig machen. Dies gilt auch bzw. insbesondere, falls in den Szenarien „kritisch“ bzw. „sehr kritisch“ die gewählten Präventionsmaßnahmen (u.a. Verschiebung Netzlast, Demand-Side-Response) nicht ausreichend wirken. 

Aktuell und in Zusammenhang mit den Szenarien sehen wir kein erhöhtes Blackoutrisiko.

Geeignete Maßnahmen um präventiv vorzusorgen sind u.a.: 

Um die sichere Transformation hin zu einem nachhaltigen Energiesystem zu schaffen und gleichzeitig Dysfunktionalitäten im Gesamtsystem, Preisdruck bzw. Risiken der Versorgungssicherheit zu vermeiden, sind folgende Maßnahmen, die zum Teil schon gesetzt wurden, besonders wirksam:

  • Verfügbarkeit von Reservekraftwerken: gesetzlich geregelt (Netzreserve)
  • Sorgsamer Umgang mit Strom, Gas & allen Energieformen: Minus 5 Prozent Ziel über die VO (EU) 2022/1854 des Rates über Notfallmaßnahmen, minus 11 Prozent www.mission11.at der Bundesregierung
  • Umsetzung von Resillienz erhöhenden Maßnahmen: 
    • Zum Beispiel Optimierung bestehender Netzkapazitäten mittels Thermal Rating
    • feingranularere Prognosen für Netzsicherheit (u.a. Datenaustausch) bzw. Erneuerbare
  • Systemische Energielenkung gemäß EnLG im Krisenfall
  • Alternative Gasbeschaffung (u.a. Norwegen, LNG) sowie gefüllte Gasspeicher
  • Ausbau der Kapazitäten in allen Bereichen des Energiesystems/ Angebotserweiterung: Netzinfrastruktur, Erneuerbare, Speicher: liegen vor, Umsetzung aktuell noch zu langsam; Beschleunigung der Genehmigungsverfahren
  • Integration neuer Flexibilitätsanbieter ins Stromsystem (u.a. Industrie, Energiegemeinschaften)/Ausweitung flexibler Lasten: Vertikale Integration mittels digitaler Plattformtechnologien
  • Gesamtsystemplanung: Initiative ÖNIP (österreichischer integrierter Netzinfrastrukturplan)
  • APG Power Monitor: wöchentliche Analyse der Stromversorgungssituation Österreichs ab 12/22

Fazit: 

Mit diesem Stresstest konnte eine Übersicht über die tatsächliche Stromversorgungslage in Österreich für die nächsten Monate geschaffen werden. Die APG plant in den kommenden Wochen darüber hinaus die Publikation von wöchentlichen Monitoring-Analysen der dann jeweils aktuellen Versorgungsituation Strom in Österreich sowie tagesaktuellen Lastkurven. „Mit diesen zusätzlichen Instrumenten schaffen wir Transparenz über die jeweils aktuelle Versorgungslage. So können wir bevorstehende kritische Situationen noch früher erkennen, um dafür eine öffentliche Sensibilität zu erreichen und somit auch ein gemeinsames breites Verständnis und Involvement der Bevölkerung für etwaige notwendige Maßnahmen zu schaffen“, sagt Christiner. 

Pressekontakt

ChristophSchuh_CopyrightAPG_Sakko.jpg

Christoph Schuh

Wagramer Straße 19 (IZD-Tower)
1220 Wien

Phone +43 50 32056230 Email christoph.schuh@apg.at
Zur Hauptnavigation