Netzausbau
Gesetzliche Verpflichtungen als Übertragungsnetzbetreiber
Die APG als Übertragungsnetzbetreiber hat bei der Planung und beim Betrieb ihrer Hochspannungsanlagen umfangreiche gesetzliche Verpflichtungen zu erfüllen. Als gemeinwirtschaftliche Verpflichtung obliegt der APG neben der diskriminierungsfreien Behandlung aller Kunden die Errichtung und Erhaltung einer ausreichenden Netzinfrastruktur (§ 5 Abs. 1 ElWOG 2010). Die APG ist als Übertragungsnetzbetreiber und Regelzonenführer verpflichtet, das Übertragungsnetz sicher, zuverlässig, leistungsfähig und mit Bedacht auf den Umweltschutz zu betreiben sowie auszubauen und zu erhalten (§ 40 Abs. 1 Z 1 ElWOG 2010). Insbesondere wird im Gesetz (§ 40 Abs. 1 Z 7 ElWOG 2010) auf das Erfordernis zur langfristigen Sicherstellung der Fähigkeit des Netzes zur Befriedigung einer angemessenen Nachfrage nach Übertragung von Elektrizität abgestellt.
Gemäß § 37 ElWOG 2010 – novelliert durch das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaket (EAG-Paket) vom 27.7.2021 (BGBl. I Nr. 150/2021) – wird festgelegt, dass durch den Übertragungsnetzbetreiber alle zwei Jahre ein Netzentwicklungsplan zu erstellen und der Regulierungsbehörde zur Genehmigung vorzulegen ist. Als Grundlage dafür dienen insbesondere die vorliegenden Daten aus der Netzbetriebsführung, die Prognosen im Bereich von Erzeugung und Verbrauch sowie die energiewirtschaftlichen Entwicklungen und Szenarien (national und europäisch).
Im Sinne einer effizienten und vorausschauenden Netzausbauplanung erstellen die österreichischen Übertragungsnetzbetreiber APG und VÜN (Vorarlberger Übertragungsnetz) langfristige Szenarien für die Anforderungen an das österreichische Übertragungsnetz und die zu erwartenden Netzsituationen. Es erfolgt eine Planung auf europäischer Ebene mit den „Regional Investmentplans“ und dem Ten-Year-Network-Development Plan (TYNDP) der ENTSO-E (Gemeinschaft der europäischen Übertragungsnetzbetreiber), welche alle zwei Jahre veröffentlicht werden. Seit 2011 werden die Netzentwicklungspläne (NEP) von APG und VÜN mit einem 10-jährigen Ausblick erstellt. Diese werden in einem 2-Jahreszyklus erstellt und zur Genehmigung eingereicht. Zudem wird seit 2023 in einem fünfjährigen Zyklus der integrierte Netzinfrastrukturplan (kurz: (Ö)NIP) durch das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) erstellt. Der ÖNIP ist ein übergeordnetes strategisches Instrument, das die grundsätzlichen Erfordernisse und Zielrichtungen der Netzplanung im Strom- und Gasbereich für eine ganzheitliche Energiewende aufzeigt. Einen Überblick über die unterschiedlichen Planungsinstrumente gibt die nebenstehende Abbildung.
Netz-Optimierung vor Ausbau „NOVA“
Die Netzausbauplanung der APG verfolgt nachhaltige Überlegungen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Transportkapazitäten, zur Umweltverträglichkeit und zu volkswirtschaftlichen Kosten. Hierzu wird prinzipiell das NOVA-Prinzip (Netz-Optimierung vor Ausbau) verfolgt. Die zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen beinhalten die Optimierung der Betriebsführung, Erneuerungen/Modernisierungen, Netzverstärkungen und -optimierungen von bestehenden Anlagen und Trassen sowie – im dritten Schritt – Maßnahmen zum Netzausbau auf neuen Trassen. Erst nach Ausschöpfung der Möglichkeiten im jeweilig vorgelagerten Schritt wird die nächste Stufe im Netzentwicklungsprozess in Betracht gezogen. Ein Leitungsneubau auf einer neuen Leitungstrasse wird – auch aus Kostengründen – zumeist als letzte Option gewählt.
Das NOVA-Prinzip wird sowohl für die gesamthafte Netzentwicklung als auch für einzelne Netzausbauprojekte angewandt. Für die Projekte werden jeweils individuelle Variantenüberlegungen durchgeführt, wobei die Auslegungskriterien sowie das Alter und der Zustand bestehender Leitungen bzw. Anlagen berücksichtigt werden. Ein bei älteren Leitungen oft vorliegender (umfangreicher) Instandhaltungs- und Erneuerungsbedarf wird dabei jedenfalls miteinbezogen. In der dritten Stufe werden beim Leitungsneubau neue Trassen auf Basis folgender Kriterien ausgewählt:
- Wirtschaftlichkeit: Optimierung der Netzkonzepte und wenn möglich Bündelungen/Mitführungen mit bzw. von 110-kV-Leitungen der Verteilernetzbetreiber
- Umweltschutz: Vermeidung von Annäherungen zu sensiblen Widmungen, Landschaftsräumen und Schutzgebieten sowie wenn möglich Trassenbündelung mit anderen linienhaften Infrastrukturen
- Sicherheit: Einhaltung der Standards für die Betriebs- und Anlagensicherheit
Zusätzlich werden folgende Trassierungsgrundsätze bestmöglich berücksichtigt:
- Berücksichtigung von Zwangspunkten wie bestehende und geplante Umspannwerke sowie Anschlusspunkte an das APG-Netz
- Möglichst geringe Beeinträchtigungen für den Siedlungs- und Naturraum
- Meidung von Siedlungsgebieten unter Berücksichtigung von humanmedizinischen Kriterien wie Klima & Luft, Schall und elektromagnetischen Feldern (EMF)
- Weitgehende Vermeidung der Inanspruchnahme/Querung von Flächen, die einer Trassennutzung entgegenstehen, wie zum Beispiel naturschutzrechtlich geschützte Gebiete (v. a. Europaschutzgebiete, Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete und geschützte Landschaftsteile sowie hoch sensible Landschafträume bzw. hochwertige Erholungsgebiete)
- Parallelführungen mit bestehenden Freileitungen (Trassenbündelung) oder anderen linienhaften Infrastrukturen (z. B. Straßen, Bahntrassen, etc.)
Zudem setzt die APG auf den Leitungstrassen zahlreiche Projekte für ein nachhaltiges und ökologisches Trassenmanagement für den Schutz der heimischen Fauna und Flora in Kooperationen mit Umweltorganisationen und Universitäten um.
Die Bezeichnung „NOVA“ ist von den deutschen Übertragungsnetzbetreibern bzw. dem deutschen Netzentwicklungsplan übernommen.